THE BROKEN BEATS (DK)


Die beste dänische Popband ever haben schon zweimal im SWAMP aber so was von abgeräumt, klar, dass wir sie auch ein drittes Mal einladen. Als habe Stephen Malkmus sich zusammen mit I Am Kloot, Bear Quartett, Adam Green, Neil Young, Bob Dylan und ein paar belgischen Bands ein Orchester oder eine Bigband rangeschafft„,schreibt das Musikmagazin INTRO.

Geht es um The Broken Beats reden alle erst mal nur von Liebe. Und jeder hat seine eigene Geschichte.

Diese geht so:
Es spielt die Band im Jahr 2005 im Hamburger Club ’Weltbühne’. Acht
Leute auf der winzigen Bühne, vierzig stehen davor. Alles fühlt sich
heilig an. Die Leute vor der Bühne tanzen, halten sich an den Armen und
wedeln mit ihren Bierflaschen zur Bühne hin, auf der die Band steht und
Kim Munk, der Sänger. Jetzt hüpft er von der Bühne runter, verheddert
sich im Mikrokabel, liegt lachend auf dem Rücken im Bier und singt wie
ein Gott. Nach drei Stunden sind alle vollkommen fertig und halten sich
Absinth trinkend am Tresen fest, Musiker und Publikum. Plötzlich rennt
Kim Munk wieder auf die Bühne, setzt sich hinters Keyboard und spielt
noch ein Lied. Seine Musiker taumeln hinterher. Das Publikum kann’s
nicht fassen. Es geht weiter. Ein Mädchen – kein Witz – weint und
stammelt was von: ”Will die Heiraten… glücklich… Wahnsinn.” Gegen
drei Uhr Morgens sind alle Saiten gerissen, Musiker und Publikum liegen
sich in den Armen und ziehen auf den Kiez. Zwei Wochen später kommt ein
Brief in den Club. Kim Munk schickt das erste Album seiner Band. ”Es
ist nie veröffentlicht worden aber das beste. Liebe, Kim”, steht in
holprigen Deutsch auf einem Blatt Papier. Ein halbes Jahr später
spielen The Broken Beats im selben Laden, der nun knackvoll ist, klar.

Das ist keine besondere Geschichte sondern eine normale, wenn es um
The Broken Beats und ihren Anführer Kim Munk geht. Es gibt auch die
Geschichte von der Polizeikontrolle auf der Autobahn irgendwo in
Deutschland, die damit endet, dass Kim Munk, der Busfahrer, den
Polizisten im Streifenwagen sein neues Album vorspielt, und die
Polizisten beseelt dem klapprigen wie eine Brauerei stinkenden Bandbus
hinterher winken. Und dann die Geschichte von den Leuten der
Plattenfirma Buback, die The Broken Beats in Leipzigs ’Ilses Erika’
spielen sehen, das Demo des neuen Albums in die Hände bekommen und
nicht anders können, als diese Band unter Vertrag zu nehmen. Und hier
ist es jetzt: Das dritte offizielle Album von The Broken Beats – ”In
The Ruin For The Perfect”. Wenn man so will das Happy End. Denn endlich
ist alles, was man an dieser Band so liebt – die unbändige Spielfreude,
den Hang zu glücklichmachenden Melodien, der Aufrichtigkeit und
Lebenslust – endlich ist all das auf einem Album vereint, das geradezu
birst vor Ideenreichtum und Witz, und dabei so nah und ehrlich ist wie
ein guter Freund. Das müssen wir jetzt aber mal ein bisschen näher
erklären.

Das Selbstverständnis von The Broken Beats ist ein ganz und gar
offenes. Alles geht immer. Nichts ist unmöglich. Es begann im Frühjahr
2001 in der dänischen Hafenstadt Aarhus, als Sänger und Gitarrist Kim
Munk ein Haufen Leute um sich scharte, um eine Band zu gründen, für die
es keine Grenzen gibt, in der Raum ist für musikalische und menschliche
Fehler, in der das Unperfekte zum Prinzip erhoben wird und Kim Munk
endlich so sein kann wie er will: er selbst. Es ging hin und her und
rauf und runter. Die Musiker kamen und gingen. Mal spielten The Broken
Beats als dreiköpfige Rockband und dann als hemmungslose Bigband mit 17
Musikern. Mal war das Rock, Pop, Country, Folk, Soul – na ja, es war
eigentlich immer alles und vor allem: eine Suche. Sie reisten durch
Skandinavien, Österreich, Deutschland und Holland, zerstörten drei
Bandbusse, unzählige Instrumente und am Ende sich selbst. Kim Munks
Traum von der unperfekten Band zerplatzte in einem Chaos aus Motoröl,
Reifenfetzen, Alkohol, zerrissen Gitarrensaiten, Liebeskummer und
Faustkämpfen. Vor 18 Monaten war nicht mehr viel übrig von The Broken
Beats. Aber ist Kim Munk ein das Leben umarmender Megamensch? Ist
dieser Typ ein einziges zuckendes Herz? Ist die Erde rund?

Und so kam er zur Ruhe und zog nach Hamburg und setzte sich hin und
schrieb diese neuen Lieder, in denen nun endlich alles zusammen findet,
was diese Band so herrlich und einzigartig macht. Es scheint, als wäre
die Suche beendet, denn das hier ist das große Werk, das Universum auf
einer Silberscheibe.

The Broken Beats

Die elf Stücke kurz angespielt:
”Weight Of Words” – das geht ja gut los. Irgendwas kommt vom Himmel
runter. Aus den Spacesounds und Engelschören schält sich eine Hymne.
Amtliche Overtuere.
Der ”Breakbeatsong” ist genau das; ein über gebrochene Beats hin zu
einem weltumarmenden Refrain holperndes Lied, das zum Hit wird bevor
man sich versieht.
”Essentials” ist geradliniger Sommernachmittagspop mit 70erjahre Glam
und dem schönen Satz nach der vorlauten Bridge: ”You will know if you
try / It’s a matter of time / It’s these moments of your life / It’s
essential to fly.” Und Geigen und Choräle.
”Waters” kommt ganz langsam und unscheinbar über einen lockeren Rhythmus und hebt sich sachte zu einer feinen Harmonie.
”Black Fire” beginnt wie eine Klavierpophymne, um dann plötzlich in ein schwarzes, sägendes Biest auszuarten.
”Stood Still” macht einen auf mysteriösen Gruselschocker im Waberland
und wird dann Stück für Stück zu einem komplexen Riesenlied, das
zwanzig Meter über der Erde Erlösung findet.
Danach: ”Commodore Stain”. Locker hingeworfener Cabriopop für eine
Fahrt über rote Wiesen, auf denen knallgelbe Frösche über denn Sinn des
Lebens philosophieren.
”Burning Rose” – Hören Sie diesen Mädchenchor im Refrain! Hören Sie?
”Copy”, die erste Single, ist ein von einem hibbeligen Banjo bewegter Tanzflächenfüller. Feuer für die Indie-Disco.
Bei ”Breaking Me Down” werden The Broken Beats zur stumpf riffenden
Rockband. Texas, oder was? Und dann, klar, die Überraschung. Kein Lied
dieser Band ohne Überraschung.
Und zum Schluss ”In The Ruin…” Das fast zehnminütige Titelstück. Eine kompakte Oper mit direkten Zugang zum Universum.
Man bleibt atemlos zurück oder geht mit, das ist ne Typfrage.

Jetzt können Sie, lieber Leser, mal schön versuchen zu beschreiben,
was The Broken Beats hier fulminieren. Klar und offensichtlich ist hier
offensichtlich nichts. So einfach ist das Leben nicht. Für jemanden wie
Kim Munk, der das Dasein erforschen und bis zum Innersten durchleben
will, schon gar nicht. Deswegen können Sie von ihm auch keine Hilfe
erwarten, wenn es darum geht, seine Musik zu beschreiben und
einzuordnen. Kim Munk sagt lieber Sätze wie diese:
”Eine Band ist eine Illusion und existiert nur in den Gedanken der
Menschen. Unsere Band ist das, was Du in ihr siehst. The Broken Beats
sind weder Hip Hop, Trance, Breakbeats noch Nu-Jazz oder The Band. The
Broken Beats heißen wie sie heißen, um den gebrochenen Rhythmus des
Lebens zu beschreiben. Kein Leben ist perfekt, aber oft streben wir
danach, und dieses Streben setzt uns unter unmöglichen Druck, manch
einen zerstört es. Je mehr wir uns um das perfekte Leben bemühen, desto
weiter entfernen wir uns davon. Was wollen wir eigentlich wirklich? The
Broken Beats wurden von einem Typen gegründet der nicht wusste was es
heißt, gebrochen zu sein. The Broken Beats haben ihm das gelehrt. Und
jetzt sind der Typ und die Band bereit für die Zukunft. Ihre Musik ist
Pop’n’Rock’n’Roll. Es ist positive Energie, die ins Universum geschickt
wird, und vielleicht kommt irgendwas davon zurück.
All the best,
Kim“



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